Aktuelles 2022 Kaufrechtsreform 2022

Beiträge 2022


01.01.2022: Kaufrechtsreform (Änderungen im Kaufrecht und im Verbraucherschutzrecht) 2022


A. Einführung


I. Übersicht

Das vornehmlich durch das EU-Recht vorangetriebene Verbraucherschutzrecht ist mittlerweile zu einem der Grundprinzipien des Zivilrechts erwachsen. Zahlreiche EU-Verordnungen und v.a. EU-Richtlinien haben zu weit reichenden Änderungen (auch) des BGB geführt und prägen dieses heute maßgeblich


  • So wurde insbesondere das Schuldrecht zunächst im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung 2001/2002 umfassend neugestaltet, um die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie der EU (RL 1999/44/EG – VGKRL) in nationales Recht umzusetzen (wie noch aufzuzeigen sein wird, ist die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie mit Wirkung zum 1.1.2022 durch die Warenkaufrichtlinie (EU) 2019/771 ersetzt worden).
  • Mit Wirkung zum 13.6.2014 ist das Verbraucherschutzrecht in Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU (VRRL) sodann erneut umfangreich geändert worden.
  • Die jüngsten größeren Novellen des Verbraucherschutzrechts sind zunächst der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/771 (Warenkaufrichtlinie) geschuldet, was mit Wirkung zum 1.1.2022 u.a. zur Änderung der §§ 434 ff. BGB führte.
  • Hinzu tritt die Richtlinie (EU) 2019/770 (Digitale-Inhalte-Richtlinie), was mit Wirkung zum 1.1.2022 u.a. zur Einfügung der §§ 327 ff. BGB führte.
  • Weiterhin ist die Richtlinie (EU) 2019/2161 („Online-Marktplätze-Richtlinie“) zu nennen, die mit Wirkung zum 28.5.2022 die Einfügung eines § 312k BGB (Allgemeine Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen) bewirkte.
  • Schließlich ist die durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge v. 10.8.2021 (BGBl I, S. 3433) zum 1.7.2022 wirksam werdende erneute Gesetzesänderung zu nennen, wonach § 312k BGB zu § 312l BGB wird und zu Änderungen u.a. der §§ 312 ff., des § 356 BGB und der §§ 357 ff. BGB geführt hat.


In erster Linie geht es bei allen Bestimmungen um Verbraucherschutzrecht. Während gemäß der BGB-Terminologie ein Verbrauchervertrag vorliegt, wenn der Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen wird (§ 310 III BGB), handelt es sich bei einem Verbrauchsgüterkaufvertrag um einem Kaufvertrag über eine neue oder gebrauchte Ware (§ 241a I BGB) (worunter auch ein Tier fällt, vgl. § 90a S. 3 BGB), bei dem auf Verkäuferseite ein Unternehmer und auf Käuferseite ein Verbraucher steht (§ 474 I S. 1 BGB).


Während die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie einen Mindestschutz gewährte (d.h. eine Mindestharmonisierung bewirkte – so gestattete Art. 8 II Richtlinie 1999/44/EG den Mitgliedstaaten, strengere Bestimmungen zur Gewährleistung eines höheren Schutzniveaus für den Verbraucher im Vergleich zur Richtlinie zu erlassen oder aufrechtzuerhalten), ordnet die Verbraucherrechterichtlinie – die im Übrigen nicht auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt ist – weitgehend eine Vollharmonisierung auf EU-Ebene insbesondere im Fernabsatzrecht und bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen an (siehe Erwägungsgründe 2, 4, 5, 7 und 9 sowie Art. 4 der Richtlinie 2011/83/EU), da zuvor die nationalen Rechtsordnungen trotz der durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erfolgten Mindestharmonisierung zum Teil erheblich voneinander abwichen und der EU-Gesetzgeber – wie noch aufzuzeigen sein wird – den Verbraucherschutz über den Bereich des Verbrauchsgüterkaufs ausweiten wollte. Vollharmonisierung bedeutet, dass nationale Gesetzgeber keine abweichenden Vorschriften erlassen und auch keine zusätzlichen Rechte und Pflichten einführen dürfen. Das nimmt den EU-Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich der vollharmonisierenden Regelungen der Verbraucherrechterichtlinie jegliche Gestaltungsmöglichkeit und stellt somit einen besonders starken Eingriff in deren Regelungskompetenz dar, lässt sich also nur durch überragend wichtige Belange rechtfertigen. Ziel der Richtlinie 2011/83/EU (und deren Umsetzung) ist der Formulierung der amtlichen Begründung zufolge, zu einem hohen Verbraucherschutzniveau und zum besseren Funktionieren des Binnenmarktes für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern beizutragen. Ferner soll die Richtlinie dazu dienen, Unstimmigkeiten im zivilrechtlichen Verbraucherschutz zu beseitigen und Regelungslücken zu schließen (BT-Drs. 17/12637, S. 1). Leider ist das Ziel, „Unstimmigkeiten zu beseitigen und Regelungslücken zu schließen“, m.E. nicht gänzlich gelungen. So überzeugt es nicht, dass der Gesetzgeber das Verbot der Verwendung von kostenpflichtigen Servicenummern, d.h. teurer Hotlines (§ 312a V BGB), vom Anwendungsbereich (siehe § 312 II BGB) ausgenommen hat. In Bezug auf Pauschalreisen hat der Gesetzgeber aber inzwischen nachgebessert und § 312 VII BGB eingefügt (BGBl I 2017, S. 2394). Der deutsche Gesetzgeber ist dem durch Schaffung eines neuen Verbraucherschutzrechts nachgekommen. Nachdem das Gesetz in der seit 13.6.2014 geltenden Fassung in §§ 312, 312a BGB zunächst die Grundsätze bei Verbraucherverträgen und besonderen Vertriebsformen regelt und den Anwendungsbereich der Vorschriften über Verbraucherverträge normiert, unterteilt es anschließend die Verbraucherverträge in zwei Schutzkategorien: 


  • Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge (§§ 312b-312h BGB)
  • Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr (§§ 312i-312j BGB)


Bestimmungen über (unzulässige) abweichende Vereinbarungen und die Beweislast folgen in § 312m BGB (Nummerierung basiert auf der durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge v. 10.8.2021 (BGBl I, S. 3433) zum 1.7.2022 wirksam werdenden erneuten Gesetzesänderung, wonach § 312k BGB zu § 312l BGB und § 312l BGB zu § 312m BGB wird). Hinsichtlich der Rechtsfolgen nach ausgeübtem Widerrufsrecht beinhalten die §§ 355 ff. BGB neue Regelungen.

II. Warenkaufrichtlinie

Mit Wirkung zum 1.1.2022 ist die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie durch die bereits erwähnte Richtlinie (EU) 2019/771 (Warenkaufrichtlinie – WKRL) ersetzt worden. Zweck der Warenkaufrichtlinie ist es, zum ordnungsgemäßen Funktionieren des (digitalen) Binnenmarkts beizutragen und gleichzeitig für ein hohes Verbraucherschutzniveau zu sorgen (siehe Art. 1 WKRL i.V.m. den Erwägungsgründen 1 und 3), was abermals zu einer größeren Umstrukturierung im BGB sowie zu einer Neuorientierung von weiten Gebieten des Verbrauchsgüterkaufrechts geführt hat. Die Warenkaufrichtlinie soll gemäß ihren Erwägungsgründen 1-8 einen harmonisierten Binnenmarkt zugunsten der Verbraucher und der Unternehmer unterstützen und die Beseitigung der größten Hindernisse für die Entwicklung des grenzüberschreitenden Handels in der Union erreichen. Da der grenzüberschreitende Binnenmarkt ein großes Anwendungsfeld im Online-Handel hat, dürfte die Relevanz der Warenkaufrichtlinie überaus deutlich sein. Der Anwendungsbereich betrifft (wie derjenige der Verbraucherrechterichtlinie, die durch die Warenkaufrichtlinie ergänzt wird, siehe Erwägungsgrund 11 der WKRL) ausschließlich Verbrauchergeschäfte (Art. 3 I WKRL). Im Kern enthält die Warenkaufrichtlinie neue – und gem. Art. 4 WKRL i.V.m. den Erwägungsgründen 10, 25, 42, 47, 62 und 70 vollharmonisierende – Vorschriften über


  • bestimmte Anforderungen an Kaufverträge zwischen Verkäufern und Verbrauchern,
  • insbesondere neue Vorschriften über die Vertragsmäßigkeit der Waren (Stichwort: „Mangelbegriff“) – auch bei Waren mit digitalen Inhalten –,
  • Abhilfen im Falle einer Vertragswidrigkeit (Stichwort: „Mängelrechte“),
  • Modalitäten für die Inanspruchnahme dieser Abhilfen („Ausführungsbestimmungen“ bei der Ausübung von Mängelrechten)
    sowie über gewerbliche Garantien.
  • Eine ebenfalls gravierende Änderung zur Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist die Verlängerung der Beweislastumkehr (Siehe dazu R. Schmidt, BGB AT, 18. Aufl. 2019, Rn 66). Deren Zeitraum beträgt gem. Art. 11 I WKRL ein Jahr ab Zeitpunkt der Lieferung (bislang: 6 Monate). Abweichende Regelungen der Mitgliedstaaten sind nicht zulässig.


Die Warenkaufrichtlinie war gem. Art. 24 I WKRL bis zum 1.7.2021 von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen; diese wenden die Warenkaufrichtlinie seit dem 1.1.2022 an. Die Warenkaufrichtlinie gilt gem. Art. 24 II WKRL keinesfalls für vor dem 1.1.2022 geschlossene Verträge. Das deutsche Umsetzungsgesetz bestimmt die Geltung für Kaufverträge, die ab dem 1.1.2022 geschlossen werden (Art. 3 des G. v. 25.6.2021, BGBl I 2021, S. 2133).

III. Digitale-Inhalte-Richtlinie 

Neben die soeben genannte Warenkaufrichtlinie tritt die ebenfalls bereits erwähnte Richtlinie (EU) 2019/770 (Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen – DIRL), die gemeinsame Vorschriften für bestimmte Anforderungen an Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen festlegt und in ihren Kernbereichen (wie die Warenkaufrichtlinie) eine weit reichende Vollharmonisierung vorsieht. Das betrifft die Vorschriften über


  • die Vertragsmäßigkeit digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen,
  • Abhilfen im Fall ihrer Vertragswidrigkeit oder nicht erfolgten Bereitstellung, und die Art und Weise der Inanspruchnahme dieser Abhilfen, 
  • sowie die Änderung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen.


Verbraucherschützende Bestimmungen hinsichtlich digitaler Inhalte und Dienstleistungen sind damit europaweit weitgehend vereinheitlicht; abweichende nationale Bestimmungen sind auf diesen Gebieten ausgeschlossen (siehe Art. 4 DIRL i.V.m. Erwägungsgrund 11). Lediglich einzelne Materien wie die Verjährungsregelung sind einer abweichenden Regelung zugänglich (siehe Erwägungsgrund 58).

IV. „Online-Marktplätze-Richtlinie“

Schließlich ist die Richtlinie (EU) 2019/2161 („Online-Marktplätze-Richtlinie“) zu nennen, die u.a. zur Änderung der §§ 312 ff. und §§ 357 ff. BGB geführt hat. Betreiber von Online-Marktplätzen (Amazon, eBay etc.) sind danach u.a. verpflichtet, hinsichtlich Verträge über Waren, Dienstleistungen und digitale Produkte vor Vertragsschluss den Verbraucher über wesentliche Umstände, die dessen Kaufentscheidung beeinflussen können, aufzuklären (siehe § 312k BGB – siehe aber auch die durch das Gesetz für faire Verbraucherverträge v. 10.8.2021 (BGBl I, S. 3433) zum 1.7.2022 wirksam werdende erneute Gesetzesänderung, wonach § 312k BGB zu § 312l BGB wird). Hinsichtlich der Kosten nach ausgeübtem Widerrufsrecht sieht § 357 V-VIII BGB eine weitgehende Entlastung des Verbrauchers vor. Eine Wertersatzpflicht regelt § 357a BGB.

V. Fazit

Die Verbraucherrechterichtlinie, die Warenkaufrichtlinie, die Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen sowie die „Online-Marktplätze-Richtlinie“ weisen einen hohen Harmonisierungsgrad auf; sie enthalten in ihren Kernbereichen zahlreiche vollharmonisierende Regelungen, lassen – soweit sie Abweichungsmöglichkeiten zulassen – den Mitgliedstaaten Spielräume bei der Umsetzung lediglich in Randbereichen und gewähren insofern einen Mindestschutz. Die Mitgliedstaaten haben bei der Umsetzung – bis auf wenige Ausnahmen – also keinen Spielraum; jede Abweichung ist – grundsätzlich – richtlinienwidrig und zwingt in der Rechtsanwendung zu einer richtlinienkonformen Auslegung bzw. einer richtlinienkonformen richterlichen Rechtsfortbildung, sofern der Wortlaut einer entgegenstehenden nationalen Vorschrift nicht auslegbar ist.


B. Neuregelung des Sachmangelbegriffs infolge der Warenkaufrichtlinie
Ist die Sache mangelhaft, gewährt § 437 BGB dem Käufer folgende Rechte, soweit die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen und sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt:


  1. Der Käufer kann nach § 439 BGB Nacherfüllung (in den Varianten der Mangelbeseitigung und der Lieferung einer mangelfreien Sache – § 439 I BGB) verlangen.
  2. Der Käufer kann nach den §§ 440, 323 und 326 V BGB vom Vertrag zurücktreten oder nach § 441 BGB den Kaufpreis mindern.
  3. Der Käufer kann nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.


Die Aufzählung darf aber nicht insoweit verstanden werden, als seien die Rechte vom Käufer frei wählbar. Aus §§ 323 I i.V.m. 440 BGB ergibt sich vielmehr, dass der Käufer – jedenfalls im Grundsatz – zunächst dem Verkäufer Gelegenheit geben muss, nachzuerfüllen, bevor er den Kaufpreis mindern, vom Vertrag zurücktreten oder Schadensersatz statt der Leistung fordern kann. Der Schadensersatz neben der Leistung ist hingegen stets denkbar und hängt nicht von einer (gescheiterten oder ausgeschlossenen) Nacherfüllung ab. Allen Mängelrechten ist aber gemeinsam, dass sie einen Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs voraussetzen (siehe § 434 I BGB).


I. Begriff des Sachmangels (§ 434 BGB)
Eine zum Rücktritt berechtigende Schlechtleistung kann insbesondere bei einer mangelhaften Kaufsache gegeben sein. Ob das der Fall ist, richtet sich nach § 434 BGB. Gemäß § 434 I BGB ist die Sache (nur) dann frei von Sachmängeln („Fehlern“), wenn sie bei Gefahrübergang (darunter ist grds. der Zeitpunkt der Übergabe gem. § 446 S. 1 BGB zu verstehen; zur abweichenden Rechtslage beim Versendungskauf (§ 447 BGB) vgl. R. Schmidt, SchuldR AT, Rn 75 ff.) den subjektiven Anforderungen (§ 434 II BGB), den objektiven Anforderungen (§ 434 III BGB) sowie den Montageanforderungen (§ 434 IV BGB) entspricht. Damit nennt § 434 I BGB also drei Fallgruppen bzw. Kriterien, die kumulativ vorliegen müssen, damit die Mangelfreiheit angenommen werden kann. Fehlt es auch nur an einer dieser Voraussetzungen, liegt Mangelhaftigkeit vor, wobei es gem. § 434 V BGB dem Sachmangel gleichsteht, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete liefert – Falschlieferung, auch Aliud-Lieferung genannt („Äpfel bestellt, Birnen erhalten“). Das Gesetz geht somit zunächst von einer Mangelhaftigkeit der Sache aus und verlangt die Erfüllung von Positiv-Voraussetzungen, damit Mangelfreiheit angenommen werden kann.

1. Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 II S. 1 Nr. 1 BGB)
Nach § 434 I, II S. 1 Nr. 1 BGB ist die Sache nur dann frei von Sachmängeln („Fehlern“), wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Während unter „Gefahrübergang“ der Zeitpunkt der Übergabe gem. § 446 S. 1 BGB (oder davor der des Annahmeverzugs, § 446 S. 3 BGB) zu verstehen ist, bedeutet Beschaffenheitsvereinbarung die auf Vorstellungen der Parteien beruhende (ausdrückliche oder konkludente) Vereinbarung über Merkmale, die der Sache selbst anhaften. Weicht die objektive Beschaffenheit (die Ist-Beschaffenheit) von der vereinbarten (der Soll-Beschaffenheit) ab, liegt ein Sachmangel vor (= subjektiver Fehlerbegriff).

Beispiel: Verkäufer V teilt auf Nachfrage des Käufers K mit, dass der Wagen scheckheftgepflegt sei. Daraufhin willigt K in das Vertragsangebot des V ein. V übergibt und übereignet den Wagen gegen Bezahlung. Später stellt sich im Rahmen eines Werkstattaufenthalts heraus, dass der Wagen schon seit Jahren nicht mehr gewartet wurde und das Scheckheft nachträglich erstellt wurde.

V und K haben eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Diese lautet: „scheckheftgepflegt“. Da der Wagen tatsächlich nicht über diese Beschaffenheit verfügt, liegt eine auf § 434 II S. 1 Nr. 1 BGB zu stützende Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der vereinbarten Soll-Beschaffenheit vor. K stehen Mängelrechte nach § 437 BGB zu. Da die Pflichtverletzung mehr als nur unerheblich (siehe § 323 V S. 2 BGB) ist, berechtigt sie zum Rücktritt (§§ 437 Nr. 2 Var. 1, 440, 323, 346 BGB); anderenfalls steht dem Käufer immerhin das Minderungsrecht (§§ 437 Nr. 2 Var. 2, 441 BGB) zu.


Weitere Beispiele von Eigenschaften/Beschaffenheitsvereinbarungen bei Kfz:

  • unfallfei
  • „TÜV“ (HU) neu
  • bestimmter Motor/bestimmte Motorleistung (Messtoleranz 1%)
  • bestimmte Farbe
  • bestimmte Laufleistung (km-Stand)
  • Kraftstoffverbrauch liegt nicht wesentlich über Werksangabe (3-5% Abweichung ist aber noch tolerabel)
  • Emissionen entsprechen gesetzlichen Vorschriften
  • Erreichen der angegebenen Höchstgeschwindigkeit


Wie der Gesetzgeber in § 434 II S. 2 BGB formuliert, gehören zu der Beschaffenheit nach Nr. 1 Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben. Damit hat also der Gesetzgeber Beschaffenheitskriterien aufgestellt, die – soweit sie vereinbart wurden, jedoch nicht vorliegen – zu einem Sachmangel führen.

Beispiele:
(1)   Wurden statt der bestellten Winterreifen (d.h. statt mit einem Schneeflocke-Symbol versehenen Reifen) lediglich M+S-Reifen geliefert, liegt gem. § 434 II S. 1 Nr. 1, S. 2 BGB (hier: sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben) ein Sachmangel vor, auch wenn die gelieferten M+S-Reifen an sich tadellos sind (Anm.: Je nach Sachverhalt denkbar wäre auch die Annahme der Nichteignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung nach § 434 II S. 1 Nr. 2 BGB, der Nichteignung für gewöhnliche Verwendung nach § 434 III S. 1 Nr. 1 BGB und einer Falschlieferung nach § 434 V BGB).

(2)   Gleiches gilt, wenn statt der bestellten vier Autoreifen lediglich drei geliefert werden (§ 434 II S. 1 Nr. 1, S. 2 BGB – hier: Menge), auch wenn die drei gelieferten Reifen tadellos sind. Die Zuweniglieferung wird nach der aktuellen Gesetzesfassung als Sachmangel angesehen und nicht lediglich – wie nach der früheren Gesetzesfassung (§ 434 III BGB a.F.) – einem Sachmangel gleichgestellt. Zwar vermag das nicht zu überzeugen (denn die Menge ist streng genommen keine Beschaffenheit), ist aber der Umsetzung der zwingenden Regelung des Art. 6 lit. a WKRL (Richtlinie (EU) 2019/771 – umgesetzt mit Wirkung zum 1.1.2022 durch das Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderer Aspekte des Kaufvertrags v. 25.6.2021 (BGBl I 2021, S. 2133) geschuldet. Keinesfalls überzeugt aber die unterschiedliche Behandlung der Falschlieferung („Äpfel bestellt, Birnen erhalten“), bei der der Gesetzgeber mit § 434 V BGB zu Recht bestimmt, dass diese lediglich einem Sachmangel gleichsteht (aber keinen Sachmangel darstellt). Zudem ist die unterschiedliche Regelung im Vergleich zu § 633 II S. 3 BGB, der nicht angepasst wurde, sachlich nicht gerechtfertigt.

 
2. Nichteignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 II S. 1 Nr. 2 BGB)
Des Weiteren ist gem. § 434 II S. 1 Nr. 2 BGB die Sache mangelhaft, wenn sie sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Es geht also nicht um eine vertraglich vereinbarte Eignung für eine bestimmte Verwendung (sonst läge schon ein Fall des § 434 II S. 1 Nr. 1 BGB vor), sondern um eine Eignung für eine bestimmte Verwendung, die lediglich nach dem Vertrag vorausgesetzt wurde, die sozusagen Grundlage des Vertrags war (vgl. BGH NJW 2019, 1937, 1938; BGH NJW 2017, 2817, 2818 zur insoweit nicht abweichenden bisherigen Regelung). Bei der Ermittlung dieser Verwendung (des Verwendungszwecks) sind nach dem BGH neben dem Vertragsinhalt die Gesamtumstände des Vertragsabschlusses heranzuziehen (BGH NJW 2019, 1937, 1938; BGH NJW-RR 2018, 822, 823 f.).

Beispiel: Verkäufer V und Käufer K schließen einen Kaufvertrag über ein Hausgrundstück. Nachdem K in das Haus eingezogen war, bemerkte er insbesondere im Wohnzimmer feuchte Stellen. Diese waren bei der Besichtigung des Gebäudes nicht zu erkennen gewesen. Es stellt sich heraus, dass das Gebäude im Boden- und Sockelaufbau so feucht ist, dass man es nicht bzw. nur eingeschränkt bewohnen kann.

Hier haben die Parteien keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen. Da es sich bei dem Vertragsgegenstand aber um ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück handelt, eignet sich der Vertragsgegenstand nicht für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung. Denn ein Wohnhaus dient dem Wohnen, was im vorliegenden Fall nicht oder nur eingeschränkt möglich ist. Daher liegt eine auf § 434 II S. 1 Nr. 2 BGB zu stützende Abweichung der Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit vor.


Anm.: Sollte anhand des Sachverhalts nicht zweifelsfrei festgestellt werden können, ob sich die Mangelfreiheit auf § 434 II S. 1 Nr. 2 BGB stützen lässt, ist zu prüfen, ob die Mangelfreiheit nach § 434 III Nr. 1 BGB oder nach § 434 III Nr. 2a) BGB angenommen werden kann.

3. Fehlen von vereinbartem Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschl. Montage- und Installationsanleitungen (§ 434 II S. 1 Nr. 3 BGB)
Schließlich führt das Fehlen von vereinbartem Zubehör und den vereinbarten Anleitungen, einschließlich Montage- und Installationsanleitungen, zum Vorliegen eines Sachmangels unter dem Aspekt der subjektiven Anforderungen. Es muss also eine vertraglich vereinbarte Pflicht des Verkäufers bestehen, bestimmtes, i.d.R. zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Kaufsache erforderliches Zubehör und/oder (bei Gegenständen, die z.B. zwecks Transports in Einzelteilen oder Baugruppen geliefert werden und zur Montage bzw. Installation durch den Käufer vorgesehen sind) bestimmte Anleitungen mitzuliefern. Selbstverständlich müssen vereinbarte Anleitungen auch so beschaffen sein, dass sie der Durchschnittskäufer versteht und sie sich auch auf den konkret gekauften Gegenstand beziehen (siehe Weidenkaff, in: Grüneberg, 81. Aufl. 2022, § 434 Rn 23).

Beispiel: V und K schlossen im Versandhandel einen Kaufvertrag über eine Kamera-Drohne. In der Produktbeschreibung heißt es, dass sämtliches Montagezubehör ebenso zum Lieferumfang gehöre wie eine Montageanleitung. Nach Erhalt und Öffnen des Pakets bemerkte K das Fehlen des Montagewerkzeugs; zudem ist die Montageanleitung derart schlecht ins Deutsche übersetzt, dass sie unverständlich ist.

Da laut Produktbeschreibung auch Montagematerial im Lieferumfang enthalten ist und dieses fehlte, liegt ein Sachmangel gem. § 434 II S. 1 Nr. 3 BGB vor. Ebenso liegt ein Sachmangel gem. § 434 II S. 1 Nr. 3 BGB bezüglich der Montageanleitung vor. Zwar war eine solche vorhanden, jedoch war sie derart schlecht ins Deutsche übersetzt, dass sie von einem Durchschnittskäufer nicht zu verstehen war.

4. Keine Eignung für gewöhnliche Verwendung (§ 434 III S. 1 Nr. 1 BGB)
§ 434 III BGB beschreibt objektive Anforderungen an die Mangelfreiheit, die jedoch nur dann gelten, wenn sie nicht durch abweichende Vereinbarungen ausgeschlossen wurden. Der Ausschluss kann insbesondere durch eine negative Beschaffenheitsvereinbarung erfolgen. Fehlt es aber an einer wirksamen anderweitigen Vereinbarung, ist zunächst gem. § 434 III S. 1 Nr. 1 BGB die Sache mangelhaft, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet. Die Begriffe „Eignung“ und „gewöhnliche Verwendung“ sind unbestimmte Rechtsbegriffe, die Raum zur (tatrichterlichen) Interpretation geben, was im Einzelfall zu einer Rechtsunsicherheit führen kann. Daher ist eine objektivierte Betrachtungsweise angezeigt, damit eine „überzogene Käufererwartung“ im Einzelfall keinen Sachmangel begründen kann. Abzustellen ist mithin auf die Erwartungen des objektiven Verkehrskreises, dem der Käufer angehört. Die Sache muss bei einem Vergleich mit anderen Stücken der Gattung eine vergleichbare Verwendung ermöglichen. Daher begründet z.B. ein Fehler bei der Produktion die Mangelhaftigkeit, da eine Abweichung von den gattungsspezifischen Merkmalen vorliegt. So liegt im „Dieselabgasskandal“ bei den betroffenen Fahrzeugen, bei denen eine Software (Abschalteinrichtung) installiert wurde, die die zulässigen Grenzwerte lediglich auf dem Prüfstand gewährleistet, nach dem BGH keine „Eignung zur gewöhnlichen Verwendung“ vor, da u.a. die Gefahr einer Betriebsuntersagung bestehe.

Beispiel: K kaufte im Autohaus des V einen Neuwagen, der mit einem Dieselmotor ausgestattet ist. Das Fahrzeug ist mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen, die den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduziert (Fall nach BGH NJW 2019, 1133; vgl. auch BGH NJW 2020, 2796).

Der BGH meint, dass vom Vorliegen eines Sachmangels nach § 434 I S. 2 Nr. 2 BGB (a.F., siehe nunmehr § 434 III S. 1 Nr. 1 BGB) auszugehen sein dürfte, weil die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde bestehe und es damit an der Eignung der Sache für die gewöhnliche Verwendung (Nutzung im Straßenverkehr) fehlen dürfte. Das ist zweifelhaft. Zum einen ist unklar, wie der Begriff der Gattung zu verstehen ist (alle Dieselfahrzeuge einer bestimmten Abgasnorm oder alle Dieselfahrzeuge eines bestimmten Herstellers und Typs?), und zum anderen ist ebenfalls unklar, worin die Abweichung zu anderen Exemplaren der Gattung besteht. Denn durch das Aufspielen eines vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigten Software-Updates ist gerade gewährleistet, dass keine Betriebsuntersagung erfolgt. Freilich heißt das nicht, dass kein Sachmangel vorliegt. Dieser ist darin zu sehen, dass Leistungsverlust und Mehrverbrauch nicht ausgeschlossen werden können (richtig LG Erfurt 18.1.2019 – 9 O 490/18). Zudem wäre auch denkbar, einen Sachmangel über § 434 II S. 1 Nr. 2 BGB anzunehmen. Denn bei einem Fahrzeug mit nicht gesetzeskonformer Motorsteuerungs- und Abgassoftware besteht die Gefahr der Rücknahme der Betriebserlaubnis, weshalb die vertraglich vorausgesetzte Verwendung (Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr) in Frage gestellt werden muss. Daneben wäre denkbar, einen Sachmangel über § 434 III S. 1 Nr. 2a) BGB herzuleiten, weil bei zum Straßenverkehr zugelassenen Autos gesetzeskonforme Software als üblich anzusehen ist und der Käufer dies erwarten kann. Entscheidend für die Zuordnung ist letztlich die Auslegung von Tatbestand und Sachverhalt. 

5. Fehlende Beschaffenheit, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann (§ 434 III S. 1 Nr. 2 BGB)
Ein Sachmangel liegt auch dann vor, wenn bei der Kaufsache eine Beschaffenheit fehlt, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer erwarten kann. Es geht also um die fehlende, aber vom Käufer erwartbare übliche Beschaffenheit der Sache. Gemäß § 434 III S. 2 BGB gehören zur erwartbaren üblichen Beschaffenheit (insbesondere) Menge, Qualität und sonstige Merkmale der Sache, einschließlich ihrer Haltbarkeit, Funktionalität, Kompatibilität und Sicherheit. Dabei sind gemäß der Gesetzesformulierung in § 434 III S. 1 Nr. 2 BGB die Art der Sache (lit. a) und die öffentlichen Äußerungen zu berücksichtigen, die vom Verkäufer oder einem anderen Glied der Vertragskette oder in deren Auftrag, insbesondere in der Werbung oder auf dem Etikett, abgegeben wurden (lit. b). Ein „Auftrag“ i.S.d. Nr. 2 kann der Gesetzesbegründung zufolge auch im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses erfolgen, etwa wenn ein Dienstleister oder ein Angestellter mit der Schaltung von Werbung oder Anzeigen beauftragt wird (BT-Drs. 19/27424, S. 24).

Über die „übliche Beschaffenheit“ und die „Käufererwartung“ entscheidet ebenso (d.h. wie bei der Eignung für die gewöhnliche Verwendung) letztlich die Verkehrsauffassung, genauer gesagt die objektivierte Käufererwartung hinsichtlich Zustand, Qualität und Verwendbarkeit gleichartiger Sachen. Das heißt, dass die Sache so zu sein hat, wie es ein Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Zur üblichen Beschaffenheit i.S.d. Nr. 2 zählen damit alle Merkmale (Eigenschaften), die die Sache definieren und die die Kaufentscheidung beeinflussen.

Beispiele: So liegt ein Mangel i.S.d. § 434 III S. 1 BGB vor, wenn ein Produkt i.S.d. § 2 Nr. 21 ProdSG (also Waren, Stoffe oder Gemische, die durch einen Fertigungsprozess hergestellt worden sind) nicht den Anforderungen des § 3 ProdSG entspricht. Im Übrigen müssen Produkte zum Zeitpunkt ihrer Produktion dem Stand der Technik entsprechen, wie es der betreffende Käuferkreis erwarten kann. Daher liegt kein Mangel vor, wenn eine Sache (etwa eine Digitalkamera), die für eine Verwendung unter üblichen Bedingungen konstruiert wurde, unter Extrembedingungen (Einsatz etwa für lange Zeit bei sehr kalten oder sehr heißen Temperaturen) gelegentlich Störungen aufweist (siehe AG München MMR 2020, 872). Auch müssen Neuwaren mit der Originalverpackung und der Etikettierung versehen sein, weil ein Käufer beim Kauf einer neuen Sache dies erwartet (außer, anderes ist vereinbart). Bei Gebrauchtsachen gelten eigene Maßstäbe, da der Käufer nicht dieselben Erwartungen hegen kann wie bei Neuwaren.

Bezüglich des Begriffs „Haltbarkeit“ verweist die Gesetzesbegründung auf Art. 2 Nr. 13 WKRL, wonach unter Haltbarkeit die Fähigkeit der Sache zu verstehen ist, ihre erforderlichen Funktionen und ihre Leistung bei normaler Verwendung zu behalten. Daraus folge die Einstandspflicht des Verkäufers, dass die Sache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs die Fähigkeit hat, ihre erforderlichen Funktionen und ihre Leistung bei normaler Verwendung zu behalten. Jedoch begründe § 434 III BGB keine gesetzliche Haltbarkeitsgarantie. Der Verkäufer hafte nach § 434 III BGB nicht dafür, dass die Sache tatsächlich ihre erforderlichen Funktionen und ihre Leistung bei normaler Verwendung behält (BT-Drs. 19/27424, S. 24). Dem ist zuzustimmen. Denn eine Haltbarkeitsgarantie ist dem Sachmängelrecht fremd. Allein entscheidend ist, dass die Sache zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs frei von Sachmängeln ist (siehe § 434 I BGB).

Freilich wird dieser Grundsatz relativiert, sofern es sich beim Kaufgegenstand um eine Ware mit digitalen Elementen handelt. Denn gem. § 475b II BGB ist eine Ware mit digitalen Elementen (nur) frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang und in Bezug auf eine Aktualisierungspflicht auch während des Zeitraums nach § 475b III Nr. 2 und IV Nr. 2 BGB den Anforderungen entspricht. Die digitalen Elemente unterliegen also einer Aktualisierungspflicht („Updatepflicht“): Aktualisierungen müssen während eines bestimmten Zeitraums bereitgestellt werden, wobei die Aktualisierungspflicht und der Zeitraum der Bereitstellung von Aktualisierungen entweder im Kaufvertrag vereinbart worden sein müssen (§ 475b III Nr. 2 BGB) oder der Verbraucher aufgrund der Art und des Zwecks der Ware und ihrer digitalen Elemente sowie unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann, dass Aktualisierungen bereitgestellt werden, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit der Ware erforderlich sind, und über diese Aktualisierungen informiert wird (§ 475b IV Nr. 2 BGB).

In beiden Fällen gilt also, dass sich Leistungserbringung und Mangelfreiheit, d.h. die Funktionstüchtigkeit, nicht in einem einmaligen Akt erschöpfen, sondern sich auf einen bestimmten Zeitraum nach Gefahrübergang erstrecken.

Hinweis für die juristische Fallbearbeitung: Wie die Ausführungen und die Beispiele gezeigt haben, ist die Zuordnung eines Mangels zu einem der in § 434 II und III BGB genannten Tatbestände nicht immer eindeutig. Entspricht bspw. die Sache nicht der vereinbarten Beschaffenheit, ist sie bereits nach § 434 II S. 1 Nr. 1 BGB mangelhaft und dem Käufer stehen die Mängelrechte nach § 437 BGB zu. Damit erübrigt sich an sich die Frage, ob ein Sachmangel zusätzlich aus einem anderen Tatbestand des § 434 II, III BGB festgestellt werden kann. Gleichwohl kann zu empfehlen sein, die Mangelfreiheit/Mangelhaftigkeit der Sache am Maßstab auch der anderen in Betracht kommenden Tatbestände des § 434 II, III BGB zu prüfen, um das Ergebnis der Prüfung der Mangelhaftigkeit abzusichern.

Beispiel: Kauft K über einen Onlineshop Zubehörfelgen für sein Auto, kann er in Ermangelung anderslautender Angaben (bspw.: „Ohne Gutachten, nur zu Motorsportzwecken“) und unter Zugrundelegung der Verkehrsübung erwarten, dass die Felgen auch für den Straßenverkehr zugelassen sind. Stellt sich nach der Übergabe heraus, dass die Felgen nicht für den Straßenverkehr zugelassen sind (etwa, weil sie kein Genehmigungsverfahren beim Kraftfahrtbundesamt durchlaufen haben), lässt sich ein Mangel sehr gut unter dem Aspekt der konkludenten Beschaffenheitsvereinbarung annehmen: Es fehlt ein sonstiges Merkmal der Sache, für die die Parteien (konkludent über die Verkehrsübung) Anforderungen vereinbart haben (§ 434 II S. 2 BGB). Zwingend ist eine solche Annahme aber nicht, weshalb zu empfehlen ist, den Mangel zusätzlich über § 434 II S. 1 Nr. 2 BGB (Nichteignung für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung) festzustellen. Denn werden Felgen im Onlinehandel gekauft, ist die Verwendungsmöglichkeit im Straßenverkehr vorausgesetzt. Und da man auch dies anders sehen könnte, sollte der Mangel schließlich über § 434 III S. 1 Nr. 1 BGB (Nichteignung für die gewöhnliche Verwendung, denn gewöhnlicherweise werden Felgen an Fahrzeugen montiert, um damit am Straßenverkehr teilzunehmen) und ggf. auch über § 434 III S. 1 Nr. 2a BGB (Nichtvorhandensein einer Beschaffenheit, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer unter Berücksichtigung der Art der Sache erwarten kann) begründet werden.

6. Nichtentsprechen der Beschaffenheit einer Probe oder eines Musters, die oder das der Verkäufer dem Käufer vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt hat (§ 434 III S. 1 Nr. 3 BGB)
§ 434 III S. 1 Nr. 3 BGB stellt darauf ab, dass der Käufer anhand einer Probe bzw. eines Musters gekauft hat, die bzw. das ihm vor Kauf zur Verfügung gestellt wurde. Weicht der Kaufgegenstand von der Beschaffenheit der Probe bzw. des Musters ab, liegt ein Sachmangel vor.

Beispiel: Verleger K möchte ein neues Buch auflegen. Damit er sich einen Eindruck über die Verarbeitungsqualität und die Klebebindung verschaffen kann, lässt er sich von der Druckerei ein Muster zusenden, anhand dessen der Auftrag erfolgen soll.

Hier liegt gem. § 434 III S. 1 Nr. 3 BGB ein Sachmangel vor, wenn bei den dann gedruckten Büchern eine abweichende Klebebindung vorhanden ist.

7. Fehlen von Zubehör einschließlich Verpackung, Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen, deren Erhalt der Käufer erwarten kann (§ 434 III S. 1 Nr. 4 BGB)
Schließlich erklärt § 434 III S. 1 Nr. 4 BGB die Sache für mangelhaft, wenn die Sache ohne Zubehör einschließlich Verpackung, Montage- oder Installationsanleitung sowie anderen Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann. Der damit angesprochene Erwartungshorizont ist (entsprechend der Stellung dieser Fallgruppe im Normengefüge der objektiven Anforderungen) objektiviert, d.h., es kommt nicht darauf an, was der betroffene Käufer erwartete, sondern darauf, was ein Durchschnittskäufer in der Rolle des betroffenen Käufers vernünftigerweise erwarten konnte.

Beispiel: Verkauft V über seinen Onlineshop Zubehörfelgen für Autos, können Käufer erwarten, dass die Felgen mit Gutachten geliefert werden, damit die Felgen später auch von einer Prüforganisation abgenommen und von der Straßenverkehrsbehörde in die Zulassungsbescheinigung I eingetragen werden können. Fehlt es an einem Gutachten (etwa, weil die Felgen über kein Gutachten verfügen), liegt ein Sachmangel vor.

Anm.: Etwas anderes würde gelten, wenn es ausdrücklich hieße, dass die Felgen über kein Gutachten verfügten. Dann handelte es sich um eine „negative Beschaffenheitsvereinbarung“ (dazu oben Punkt 4). Die Ware wäre jedenfalls nicht nach § 434 III S. 1 Nr. 4 BGB mangelhaft.     


8. Montageanforderungen (§ 434 IV BGB)
In Fällen, in denen eine Montage durchzuführen ist, liegt ein Sachmangel auch dann vor, wenn die Sache unsachgemäß montiert worden ist und


  • die vertragliche geschuldete Montage vom Verkäufer unsachgemäß vorgenommen worden ist


Beispiel: Der bei V gekaufte Autoreifen wird von den Leuten des V unsachgemäß auf die Felge montiert. Dadurch platzt der Reifen.


  • oder die Montage vom Käufer vorzunehmen war und die vom Käufer vorgenommene unsachgemäße Montage auf einer vom Verkäufer bereitgestellten fehlerhaften Anleitung beruht.


Beispiel: Das bei V gekaufte, in Einzelteilen verpackte Bücherregal wird von K gemäß der mitgelieferten Anleitung aufgebaut. Nach dem Einstellen der Bücher stürzt das Regal jedoch ein. Es stellt sich heraus, dass die Anleitung fehlerhaft ist, was den Einsturz verursachte.


Analysiert man die gesetzliche Formulierung, wird zunächst klar, dass bei § 434 IV Nr. 2 Var. 1 BGB die Montage der Sache von der Hauptleistungspflicht des Verkäufers umfasst sein muss. Denn anderenfalls könnte man (wegen § 433 I S. 2 BGB) keinen Sachmangel annehmen. Des Weiteren wird klar, dass der Verkäufer die Montage nicht in eigener Person vorgenommen haben muss; denn als Schuldner kann er sich nach allgemeinen Grundsätzen Erfüllungsgehilfen bedienen, deren Verschulden er sich gem. § 278 BGB zurechnen lassen muss. Der Verkäufer ist damit also auch für einen Mangel verantwortlich, der infolge einer von seinen Erfüllungsgehilfen vorgenommenen unsachgemäßen Montage entstanden ist („Montagemangel“). Schließlich verdeutlicht die Vorschrift in § 434 IV Nr. 2 Var. 2 BGB, dass der Verkäufer auch für Mängel verantwortlich ist, die dadurch entstanden sind, dass die Sache vom Käufer aufgrund einer fehlerhaften oder fehlenden Montageanleitung unsachgemäß montiert worden ist („Anleitungsfehler“).

9. Falschlieferung (§ 434 V BGB)

Schließlich behandelt das Gesetz eine Falschlieferung (Aliud-Lieferung) wie einen Sachmangel, d.h. es stellt die Falschlieferung dem Sachmangel gleich. Damit bringt das Gesetz aber auch zum Ausdruck, dass eine Falschlieferung keinen Sachmangel darstellt; sie wird lediglich wie ein Sachmangel behandelt. 

Beispiele: Geliefert wurde Mac-Software statt der angebotenen und bestellten PC-Software; geliefert wurden Allwetterreifen ohne Alpine-Piktogramm statt der bestellten Ganzjahresreifen (die gesetzlich über das Alpine-Piktogramm verfügen müssen); geliefert wurden Batterien der Größe AA statt in der bestellten Größe AAA.

Hier liegt, obwohl bzw. selbst wenn die jeweils gelieferten Produkte mangelfrei sind, eine einem Sachmangel gleichgestellte Falschlieferung vor.


Anmerkung: Auch im Werkvertragsrecht sieht das Gesetz die Falschlieferung nicht als Sachmangel an, sondern stellt sie einem Sachmangel lediglich gleich (§ 633 II S. 3 Var. 1 BGB). Anders verhält es sich bei einer Mankolieferung (Zuweniglieferung), die lediglich im Werkvertragsrecht dem Sachmangel gleichsteht (§ 633 II S. 3 Var. 2 BGB), im Kaufvertragsrecht jedoch als Sachmangel angesehen wird (§ 434 III S. 2 BGB).   


II. Waren mit digitalen Elementen (§§ 475b, 475c BGB)
Mit Wirkung zum 1.1.2022 hat der Gesetzgeber in Umsetzung der bereits genannten Warenkaufrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/771 – WKRL) u.a. die – nur für Verbrauchsgüterkaufverträge (siehe § 474 BGB) geltenden – Vorschriften der §§ 475b ff. in das BGB aufgenommen. Sie regeln den Sachmangel bei Waren mit digitalen Elementen im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs. Waren mit digitalen Elementen sind nach der ebenfalls am 1.1.2022 in Kraft getretenen Legaldefinition in § 327a III S. 1 BGB Waren, die in einer Weise digitale Produkte enthalten oder mit ihnen verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Produkte nicht erfüllen können. Die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB setzen wiederum die EU-Richtlinie 2019/770 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (DIRL) um und enthalten u.a. eigene Vorschriften über Produktmängel (§ 327e BGB) bei Verbraucherverträgen über digitale Produkte, was eine Abgrenzung zum verbrauchsgüterkaufrechtlichen Sachmängelrecht der §§ 475b ff. BGB erforderlich macht. Zudem greifen die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB (und nicht die der §§ 475b ff. BGB) für Verbrauchsgüterkaufverträge über digitale Produkte, d.h. Verbrauchsgüterkaufverträge über körperliche Datenträger, die ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dienen (§ 475a I BGB). Bei Verbrauchsgüterkaufverträgen über Waren, die in einer Weise digitale Produkte enthalten oder mit digitalen Produkten verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen auch ohne diese digitalen Produkte erfüllen können („Waren mit entbehrlichen digitalen Produkten“), greift – wie sich aus § 475a II BGB ergibt – im Grundsatz zwar das Verbrauchsgüterkaufrecht, jedoch sind im Hinblick auf diejenigen Bestandteile des Vertrags, welche die digitalen Produkte betreffen, die in § 475a II S. 1 BGB genannten Vorschriften des (Verbrauchsgüter-)Kaufvertragsrechts nicht anzuwenden. An die Stelle der nicht anzuwendenden Vorschriften treten gem. § 475a II S. 2 BGB die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB. Von einer klaren und transparenten Regelungsstruktur ist die gesetzliche Systematik also weit entfernt, was aber dem Umstand geschuldet ist, dass zwei komplexe EU-Verbraucherschutzrichtlinien in ein bestehendes Regelwerk inkorporiert werden mussten. Strukturiert dargestellt ergeben sich aber Differenzierungen:

1. Abgrenzung zu §§ 327 ff. BGB (Verbrauchervertrag über digitale Produkte)

Aufgrund der genannten, in verschiedenen Bereichen des BGB vorgenommenen Inkorporation und der damit verbundenen komplexen und undurchsichtigen Regelungsstruktur kann unklar sein, welche Vorschriften greifen, wenn Mängel Produkte betreffen, die digitale Inhalte oder Elemente enthalten. So kann sich die Frage nach Produktmängeln nach § 327e BGB richten (mit den Rechten des Verbrauchers nach § 327i BGB) oder nach § 475b BGB (mit den Rechten des Verbrauchers nach § 437 BGB), aber auch nach § 475c BGB (mit dem Recht des Verbrauchers auf Aktualisierung der digitalen Elemente innerhalb eines bestimmten Zeitraums) oder gar nach § 475a BGB (mit der überwiegenden Anwendbarkeit der Regelungen der §§ 327 ff. BGB). 
 
 a. Die Vorschriften der §§ 327-327s BGB gelten gem. § 327 I BGB für Verbraucherverträge, die die Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleistungen (digitale Produkte) durch den Unternehmer gegen Zahlung eines Preises zum Gegenstand haben (§ 327 I S. 1 BGB). Unter einem Verbrauchervertrag ist gemäß der Legaldefinition in § 310 III BGB ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher zu verstehen. Die Begriffe Unternehmer und Verbraucher sind wiederum in §§ 14 und 13 BGB legaldefiniert.

Digitale Produkte in Form „digitaler Inhalte“ sind gem. § 327 II S. 1 BGB Daten, die in digitaler Form erstellt und bereitgestellt werden.

Digitale Produkte in Form „digitaler Dienstleistungen“ sind gem. § 327 II S. 2 BGB Dienstleistungen, die dem Verbraucher die Erstellung, die Verarbeitung oder die Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang zu solchen Daten ermöglichen, oder die gemeinsame Nutzung der vom Verbraucher oder von anderen Nutzern der entsprechenden Dienstleistung in digitaler Form hochgeladenen oder erstellten Daten oder sonstige Interaktionen mit diesen Daten ermöglichen.

Preis ist nicht nur Geld, sondern gem. § 327 I S. 2 BGB auch eine digitale Darstellung eines Werts. Erwägungsgrund 23 der DIRL nennt insb. elektronische Gutscheine oder „E-Coupons“.

Beispiele: Inhalte von Verbraucherverträgen über digitale Produkte sind bspw.


  • Computerprogramme wie Betriebssysteme oder Anwendungen („Apps“) etc.
  • Video- und Audiodateien   
  • Computerspiele
  • E-Books (siehe Grüneberg, in: Grüneberg, 81. Aufl. 2022, § 327 Rn 4 mit Verweis auf Erwägungsgrund 19 zur DIRL) etc.


  b. Die §§ 327 ff. BGB sind auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, die digitale Produkte zum Gegenstand haben, welche nach den Spezifikationen des Verbrauchers entwickelt werden (§ 327 IV BGB). Darunter fallen etwa eigens geschriebene Computerprogramme.

  c. Gemäß § 327 V BGB sind §§ 327 ff. BGB – mit Ausnahme der §§ 327b und 327c BGB – auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, welche die Bereitstellung von körperlichen Datenträgern zum Gegenstand haben, die ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dienen.

  d. § 327 VI BGB enthält (in Umsetzung von Art. 3 V DIRL) eine Reihe an Bereichsausnahmen (etwa Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen, Finanzdienstleistungen und freie Software).

  e. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der §§ 327 ff. BGB normiert wiederum § 327a I S. 1 BGB. Danach gelten (in Umsetzung von Art. 3 VI DIRL) die Vorschriften auch für Verbraucherverträge, die neben der Bereitstellung digitaler Produkte die Bereitstellung anderer Sachen oder die Bereitstellung anderer Dienstleistungen zum Gegenstand haben (Paketvertrag). Mit dieser Regelung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass – wie es in Erwägungsgrund 33 der DIRL heißt – digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen oft mit der Bereitstellung von Waren oder anderen Dienstleistungen kombiniert und dem Verbraucher in dem gleichen Vertrag, der in einem Paket unterschiedliche Elemente beinhaltet, angeboten werden. Erwägungsgrund 33 nennt als Beispiel einen Vertrag über die Bereitstellung digitalen Fernsehens und den Kauf eines elektronischen Geräts (mit dem das digitale Fernsehprogramm angeschaut werden werden). In solchen Fällen enthalte der Vertrag zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer Elemente eines Vertrags über die Bereitstellung digitaler Inhalte oder einer digitalen Dienstleistung, aber auch Elemente anderer Vertragsarten, bspw. von Verträgen über den Kauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen. Elemente des Gesamtvertrags, die die Bereitstellung der digitalen Inhalte oder digitalen Dienstleistungen betreffen, sollen daher dem Anwendungsbereich der DIRL unterfallen; alle übrigen Elemente des Vertrags nicht. § 327a I S. 2 BGB setzt dies um.

  f. Die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB sind gem. § 327a II S. 1 BGB auch auf Verbraucherverträge über Sachen anzuwenden, die digitale Produkte enthalten oder mit ihnen verbunden sind. Mit „verbunden“ ist keine technische Verbindung der Sache mit dem digitalen Produkt gemeint, sondern, dass die jeweiligen vertraglichen Verpflichtungen miteinander verbunden sind. Jedoch formuliert wiederum § 327a II S. 2 BGB die Einschränkung, dass die §§ 327 ff. BGB nur auf diejenigen Bestandteile des Vertrags anzuwenden sind, welche die digitalen Produkte betreffen. Für die übrigen Vertragsbestandteile heißt das also, dass §§ 475b und 475c BGB gelten. Mit dieser sicherlich nicht einfach zu verstehenden Regelung soll schlicht gewährleistet werden, dass Verträge über Sachen, die mit digitalen Produkten verbunden sind, entweder den §§ 327 ff. BGB oder den §§ 475b, 475c BGB unterfallen.   

  g. Gemäß § 327a III S. 1 BGB fallen Kaufverträge über Waren (§ 241a I BGB), die in einer Weise digitale Produkte enthalten oder mit ihnen (derart) verbunden sind, dass die Waren ihre Funktionen ohne diese digitalen Produkte nicht erfüllen können (Waren mit digitalen Elementen), nicht in den Anwendungsbereich der §§ 327 ff. BGB. Mit dieser Bestimmung wird also eine weitere Abgrenzung zum Verbrauchsgüterkaufvertragsrecht vorgenommen, insbesondere zum verbrauchsgüterkaufvertraglichen Sachmängelrecht in Bezug auf bewegliche Sachen mit digitalen Elementen: Für Verbrauchsgüterkaufverträge über bewegliche Sachen mit digitalen Elementen gelten die in Umsetzung der WKRL eingeführten Regelungen im Kaufrecht (konkret §§ 475b ff. BGB), nicht die im Rahmen der DIRL eingeführten §§ 327 ff. BGB. Siehe dazu die oben genannten Beispiele.

2. Abgrenzung zu § 475a BGB (Verbrauchsgüterkaufvertrag über digitale Produkte)

Eine (weitere) Schnittstelle zwischen dem Verbrauchervertrag über digitale Produkte und dem Verbrauchsgüterkauf stellt der Verbrauchsgüterkaufvertrag über digitale Produkte dar, der wiederum in zwei Facetten geregelt ist:


  • Beim Verbrauchsgüterkaufvertrag über einen körperlichen Datenträger, der ausschließlich als Träger digitaler Inhalte dient (§ 475a I BGB), besteht eine undurchsichtige Gemengelage an anwendbaren Vorschriften, da die Vorschriften über Sachmängel und Sachmängelrechte bei Waren mit digitalen Elementen im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs abweichen von den Vorschriften über Sachmängel und Sachmängelrechte des „normalen“ Verbrauchsgüterkaufvertrags. § 475a I BGB regelt Verbrauchsgüterkaufverträge über Waren (§ 241a I BGB), die ausschließlich dem Zweck dienen, Träger der vertraglichen digitalen Inhalte zu sein. Das ist bspw. bei DVDs und anderen Speichermedien der Fall, auf denen die vertraglichen digitalen Inhalte gespeichert sind. Es geht bei dem Vertrag also nicht um den Datenträger als solchen, sondern um die auf ihm gespeicherten digitalen Inhalte. Der Datenträger dient lediglich als Medium zur Bereitstellung der digitalen Inhalte.   


  • Davon abzugrenzen ist der Verbrauchsgüterkaufvertrag über Waren mit entbehrlichen digitalen Produkten nach § 475a II BGB. Der Gesetzgeber beschreibt diese Variante als „Verbrauchsgüterkaufvertrag über eine Ware, die in einer Weise digitale Produkte enthält oder mit digitalen Produkten verbunden ist, dass die Ware ihre Funktionen auch ohne diese digitalen Produkte erfüllen kann“. Nach der gesetzlichen Formulierung greift im Grundsatz zwar das Verbrauchsgüterkaufrecht, jedoch sind im Hinblick auf diejenigen Bestandteile des Vertrags, welche die digitalen Produkte betreffen, die in § 475a II S. 1 BGB genannten Vorschriften des (Verbrauchsgüter-)Kaufvertragsrechts nicht anzuwenden. An die Stelle der nicht anzuwendenden Vorschriften treten gem. § 475a II S. 2 BGB die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB.


Beispiel (siehe Erwägungsgrund 16 der WKRL): Erwirbt der Käufer ein Smartphone oder ein Tablet, auf dem ein „App Store“ oder ein „Google Play Store“ installiert ist, läuft das Gerät selbstverständlich auch ohne eine solche Vertriebsplattform für Anwendungssoftware. Hinsichtlich der Vertragspflichten und bei Mängeln des Geräts greifen dann die kaufrechtlichen und die verbrauchsgüterkaufrechtlichen Bestimmungen. Lädt der Verbraucher dann aber eine App aus dem App Store oder dem Google Play Store auf das Smartphone oder Tablet herunter, steht dies i.d.R. nicht unmittelbar mit dem Kauf des Smartphones oder Tablets im Zusammenhang, d.h. der Vertrag über die Bereitstellung der Spielanwendung ist i.d.R. nicht Bestandteil des Kaufvertrags über das Smartphone oder das Tablet. Nach dem Willen des europäischen Gesetzgebers soll der Kaufvertrag über das Smartphone (oder das Tablet) dem Regelungsbereich der WKRL unterfallen, während die Bereitstellung der Spielanwendung unter die DIRL fallen soll, sofern die Bedingungen der DIRL erfüllt sind. Dementsprechend verweist § 475a I BGB einerseits auf (verbrauchsgüter-)kaufrechtliche Vorschriften und andererseits auf solche der §§ 327 ff. BGB.

Als weiteres Beispiel nennt Erwägungsgrund 16 der WKRL den Fall, dass es um eine Vereinbarung geht, „wonach der Verbraucher ein Smartphone ausdrücklich ohne ein bestimmtes Betriebssystem kauft, und der Verbraucher anschließend einen Vertrag für die Bereitstellung eines Betriebssystems durch einen Dritten abschließt“. Auch hier wird deutlich, dass der Kaufvertrag über das Smartphone von dem Vertrag über das Betriebssystem zu trennen ist. Der Vertrag über das Betriebssystem unterfällt dem Regelungsbereich der DIRL, weshalb der deutsche Gesetzgeber in § 475a II BGB eine differenzierte, streng genommen jedoch ungenaue Regelung getroffen hat, da § 475a II BGB von Vertragsbestandteilen spricht, obwohl in Wahrheit verschiedene Verträge vorliegen.


3. (Verbleibender) Anwendungsbereich der §§ 475b, 475c BGB
Mithin bleibt festzuhalten, dass die Vorschriften der §§ 475b, 475c BGB (in Ergänzung zu §§ 434 ff. BGB) für Verbrauchsgüterkaufverträge in Bezug auf Waren mit digitalen Elementen gelten, wohingegen im Rahmen von Verbraucherverträgen über digitale Produkte (§§ 327 ff. BGB) bei Produktmängeln die Vorschrift des § 327e BGB einschlägig ist und Verbrauchsgüterkaufverträge über digitale Produkte von § 475a BGB erfasst sind.

Beispiele: Waren mit digitalen Elementen (i.S.d. §§ 475b, 475c BGB) sind bspw.


  • Smartphones, Computer (einschließlich Notebooks und Tablets), Spielekonsolen, Digitalkameras, Drucker etc.
  • „Smart-Home-Geräte“ wie Kühlschränke, die mittels Internetzugangs selbsttätig Bestellungen aufgeben, Smart-TV-Geräte, also Fernsehgeräte, die mittels Internetzugangs die Möglichkeit bieten, neben dem regulären TV-Programm u.a. Streamingdienste zu nutzen, Waschmaschinen, die mittels Internetzugangs Meldungen übertragen, dass die Wäsche fertig ist, Rollladensteuerungen, die – verbunden mit dem Internet – Steuerungsbefehle ausführen, „intelligente“ Heizkörperregler 
  • Smartwatches, d.h. Uhren, die mittels Internetverbindung oder Bluetoothverbindung mit dem Smartphone eingehende Nachrichten, E-Mails, Anrufe und andere Informationen erhalten
  • Fitnessuhren oder Fitnessarmbänder, die Herzfrequenz und Blutdruck anzeigen, aber auch mittels GPS-Verbindung den Standort anzeigen bzw. übertragen etc.
  • Aber auch Automobile, Motorräder, E-Bikes, Pedelecs etc. fallen aufgrund ihrer elektronischen Komponenten ohne weiteres unter den Begriff der digitalen Produkte.


4. Sachmangel einer Ware mit digitalen Elementen (§ 475b BGB)
§ 475b I S. 1 BGB bestimmt, dass für den Kauf einer solchen Ware, bei dem sich der Unternehmer verpflichtet, dass er oder ein Dritter die digitalen Elemente bereitstellt (siehe dazu § 327a III S. 1 BGB), ergänzend (d.h. ergänzend zu §§ 434 ff. BGB) „die Regelungen dieser Vorschrift“ (d.h. des § 475b BGB) gelten. § 475b BGB ist in Struktur und Systematik ähnlich aufgebaut wie § 434 BGB: Zuerst wird die Sachmängelfreiheit definiert und dann werden im Einzelnen die Voraussetzungen erläutert. 

a. Sachmangelbegriff (§ 475b II BGB)
Gemäß § 475b II BGB ist eine Ware mit digitalen Elementen frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang und in Bezug auf eine Aktualisierungspflicht auch während des Zeitraums nach § 475b III Nr. 2 und IV Nr. 2 BGB den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen, den Montageanforderungen und den Installationsanforderungen entspricht.

b. Subjektive Anforderungen (§ 475b III BGB)
Nach der gesetzlichen Formulierung in § 475b III BGB entspricht die Ware mit digitalen Elementen den subjektiven Anforderungen, wenn


  • sie den Anforderungen des § 434 II BGB entspricht und
  • für die digitalen Elemente die im Kaufvertrag vereinbarten Aktualisierungen während des nach dem Vertrag maßgeblichen Zeitraums bereitgestellt werden.


c. Objektive Anforderungen (§ 475b IV BGB)
Gemäß § 475b IV BGB entspricht die Sache den objektiven Anforderungen, wenn
sie den Anforderungen des § 434 III BGB entspricht und


  • dem Verbraucher während des Zeitraums, den er aufgrund der Art und des Zwecks der Ware und ihrer digitalen Elemente sowie unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann, Aktualisierungen bereitgestellt werden, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit der Ware erforderlich sind, und der Verbraucher über diese Aktualisierungen informiert wird.
  • d. Montageanforderungen (§ 475b VI Nr. 1 BGB)
    Soweit eine Montage durchzuführen ist, entspricht gem. § 475b VI Nr. 1 BGB eine Ware mit digitalen Elementen den Montageanforderungen, wenn sie den Anforderungen des § 434 IV BGB entspricht. Hier sind also bei der Beurteilung der Mangelfreiheit die Montageanforderungen nach § 434 IV BGB heranzuziehen.


e. Installationsanforderungen (§ 475b VI Nr. 2 BGB)
Soweit eine Installation der digitalen Elemente durchzuführen ist, entspricht gem. § 475b VI Nr. 2 BGB eine Ware mit digitalen Elementen den Installationsanforderungen, wenn die Installation der digitalen Elemente


  • sachgemäß durchgeführt worden ist (Nr. 2a)
  • oder zwar unsachgemäß durchgeführt worden ist, dies jedoch weder auf einer unsachgemäßen Installation durch den Unternehmer noch auf einem Mangel der Anleitung beruht, die der Unternehmer oder derjenige übergeben hat, der die digitalen Elemente bereitgestellt hat (Nr. 2b).


Umgekehrt formuliert liegt also ein Sachmangel vor, wenn die Installation unsachgemäß durchgeführt wurde, nicht aber, wenn die unsachgemäße Installation nicht durch den Unternehmer herbeigeführt wurde oder wenn die unsachgemäße Installation nicht auf einer fehlerhaften Anleitung beruht, die durch den Unternehmer übergeben worden ist.

f. Keine Haftung bei unterlassener Aktualisierung seitens des Verbrauchers (§ 475b V BGB)
§ 475b V BGB schließt die Haftung des Unternehmers aus, soweit der Verbraucher eine vom Unternehmer bereitgestellte Aktualisierung der digitalen Elemente nicht innerhalb einer angemessenen Frist vornimmt. Der Haftungsausschluss greift aber nur, sofern der Sachmangel allein auf die unterlassene Installation zurückzuführen ist und der Unternehmer den Verbraucher über die Verfügbarkeit der Aktualisierung und die Folgen einer unterlassenen Installation informiert hat (§ 475b V Nr. 1 BGB). Auch darf für den Haftungsausschluss die unterlassene oder unsachgemäße Aktualisierung nicht auf eine dem Verbraucher bereitgestellte mangelhafte Installationsanleitung zurückzuführen sein (§ 475b V Nr. 2 BGB). Schließlich ist die Fehlerkausalität zu beachten: Wäre der Sachmangel auch mit vorgenommener Aktualisierung entstanden, bleibt die Haftung des Unternehmers unberührt. 

g. Waren mit digitalen Elementen bei dauerhafter Bereitstellung der digitalen Elemente (§ 475c BGB)

§ 475c I S. 1 BGB ordnet an, dass „ergänzend“ (d.h. ergänzend zu §§ 475b und 434 BGB) die „Regelungen dieser Vorschrift“ (d.h. des § 475c BGB) gelten, sofern die Parteien beim Kauf einer Ware mit digitalen Elementen eine dauerhafte Bereitstellung der digitalen Elemente vereinbart haben. Aus dieser Regelung folgt zunächst, dass eine (dauerhafte oder zeitlich begrenzte) Bereitstellung von digitalen Elementen nicht gesetzlich angeordnet ist, sondern (wie bei §§ 327 ff. BGB) der Vertragsfreiheit unterliegt: Die Parteien können – müssen aber nicht – bei Waren mit digitalen Inhalten vereinbaren, dass der Verkäufer digitale Elemente für einen bestimmten Zeitraum bereitstellt, d.h. für einen bestimmten Zeitraum kontinuierlich zur Nutzung überlässt. Das entspricht dem Wesen des Kaufvertrags, der sich – in Abgrenzung zu den Dauerschuldverhältnissen und auch zu § 327 BGB – in einer einmaligen Leistungserbringung erschöpft. Ein Kaufvertrag, gekoppelt mit Elementen eines Dauerschuldverhältnisses, wäre nach allgemeinen rechtsmethodischen Grundsätzen an sich ein gemischttypischer Vertrag i.S.d. § 311 I BGB bzw. ein Vertragstyp nach § 327 BGB. Da jedoch die WKRL von einem Kaufvertrag ausgeht (siehe Art. 7 III lit. b WKRL: „... wenn im Kaufvertrag die fortlaufende Bereitstellung des digitalen Inhalts oder der digitalen Dienstleistung über einen Zeitraum vorgesehen ist.“), hat auch der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie den Vertragstyp Kaufvertrag festgesetzt. Unter „dauerhafter Bereitstellung“ ist nach allgemeinem Sprachgebrauch eine unbefristete Bereitstellung (für die Lebensdauer des Geräts) zu verstehen. Da sich der Verkäufer jedoch nicht stets darauf einlassen möchte, kann er im Vertrag die Befristung der Bereitstellung vereinbaren. Haben die Parteien jedoch nicht bestimmt, wie lange die Bereitstellung andauern soll, ist gem. § 475c I S. 2 BGB die Vorschrift des § 475b IV Nr. 2 BGB entsprechend anzuwenden. Demzufolge muss der Unternehmer dem Verbraucher während des Zeitraums, den dieser aufgrund der Art und des Zwecks der Ware und ihrer digitalen Elemente sowie unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann, (auch) Aktualisierungen bereitstellen, die für den Erhalt der Vertragsgemäßheit der Ware erforderlich sind.
 
Beispiele: Digitale Elemente, die dauerhaft (bzw. für eine vereinbarte Zeit) bereitzustellen sind, können Verkehrsinformationen in einem Navigationssystem, die Cloud-Anbindung bei einer Spielekonsole oder eine Smartphone-App zur Nutzung verschiedener Funktionen in Verbindung mit einer intelligenten Armbanduhr (Smartwatch) sein (BT-Drs. 19/27424, S. 34). 

Aber auch, wenn es an einer ausdrücklichen Vereinbarung der Pflicht des Unternehmers zur Bereitstellung von digitalen Elementen fehlt, kann eine solche Pflicht angenommen werden, wenn der Verbraucher dies nach der Natur des Vertrags erwarten kann („konkludente Vereinbarung“) (BT-Drs. 19/27424, S. 35).

Beispiel: Dies kann nach Auffassung des Gesetzgebers etwa beim Kauf einer Smartwatch in Betracht zu ziehen sein, die zu ihrer Funktionsfähigkeit eine Cloud-Anbindung benötigt. In diesem Fall dürften die Parteien voraussetzen, dass die Cloud über einen angemessenen Zeitraum zur Verfügung stehe und die Cloud von ihrem Betreiber nicht nach dem Kauf der Smartwatch eingestellt werde (BT-Drs. 19/27424, S. 35). 

Mangelfreiheit besteht bei Waren mit digitalen Elementen also (nur) dann, wenn die Anforderungen des § 434 BGB, des § 475b BGB und des § 475c I BGB vorliegen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Mangelfreiheit einer Kaufsache ist zunächst der Gefahrübergang (§ 446 BGB). Jedoch bestimmt § 475c II BGB, dass der Unternehmer während des vereinbarten (bzw. erwarteten) Bereitstellungszeitraums, mindestens aber für einen Zeitraum von zwei Jahren ab der Ablieferung der Ware verpflichtet ist, die digitalen Inhalte in einem vertragsgemäßen Zustand, d.h. in einem § 475b II BGB konformen Zustand zu erhalten. Mit § 475c II BGB findet also eine Abkehr von der allgemeinen kaufrechtlichen Regelung statt, wonach die Mangelfreiheit nur zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs bestehen muss (siehe § 434 I BGB). Im Fall des Verkaufs einer Ware mit digitalen Inhalten an einen Verbraucher haftet der Unternehmer auch für die Dauer des Bereitstellungszeitraums, mindestens aber zwei Jahre ab der Ablieferung der Ware für die Vertragskonformität der digitalen Elemente. Während dieser Zeit muss er also Softwarestörungen beseitigen und ggf. auch Updates aufspielen, sofern dies zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit bzw. der vertraglich vorausgesetzten Verwendung erforderlich ist.

III. Sonderbestimmungen für Rücktritt und Schadensersatz (§ 475d BGB)
Im Fall des
Rücktritts oder eines geltend gemachten Schadensersatzanspruchs sind die Sonderbestimmungen des § 475d BGB zu beachten (die sich jedoch nicht exklusiv auf § 475c BGB beziehen, sondern sich auf alle Fälle der §§ 474 ff. BGB erstrecken). Nach der sich auf den Rücktritt vom Vertrag beziehenden Vorschrift des § 475d I Nr. 1 BGB bedarf es unter den in der Vorschrift genannten Voraussetzungen in Abweichung von § 323 II BGB und § 440 BGB einer grundsätzlich nach § 323 I BGB erforderlichen Fristsetzung nicht. § 475d I BGB setzt vollharmonisierende und die Materie vollständig determinierende Regelungen der Warenkaufrichtlinie (hier: Art. 13 WKRL) um, die von den Regelungen der §§ 323 II und 440 BGB abweichen (hier: Art. 13 IV WKRL). Daher musste der deutsche Gesetzgeber bestimmen, dass für Verbrauchsgüterkaufverträge die Entbehrlichkeitsgründe in Bezug auf die Fristsetzung denen des Art. 13 IV WKRL entsprechen. Die Entbehrlichkeit der Fristsetzung richtet sich bei Verbrauchsgüterkaufverträgen nach § 475d I BGB unter den dort genannten fünf Nummern. Mit der Nr. 1 wird zugleich das Fristsetzungserfordernis des § 323 I BGB modifiziert. Denn anders als § 323 I BGB, der das Setzen einer angemessenen Frist verlangt, lässt Art. 13 IV lit. d WKRL das Abwarten einer angemessenen Zeit genügen (vgl. die englische Sprachfassung: „within a reasonable time“). Das Abwarten einer Zeit ist etwas anderes als das Setzen einer Frist. Somit war der deutsche Gesetzgeber gehalten, bei Verbrauchsgüterkaufverträgen eine zu § 323 I BGB abweichende Regelung zu treffen. Da die WKRL im Übrigen keine zu § 323 II Nr. 2, III-VI BGB und § 326 V BGB abweichenden Vorgaben macht, gelten die dortigen Bestimmungen uneingeschränkt auch für Verbrauchsgüterkaufverträge. Insoweit muss die Textaussage in § 475d I BGB „abweichend von § 323 Absatz 2 und § 440“ vor diesem Hintergrund verstanden werden. In Bezug auf § 323 II Nr. 2 BGB kann § 475d I BGB ohnehin keine Sperrwirkung entfalten, sofern nicht gleichzeitig mit der Nichteinhaltung des Liefertermins ein Mangel vorliegt. Denn § 475d BGB setzt einen Mangel an der Ware voraus. 

Hinsichtlich des
Schadensersatzes hätte es an sich keiner Regelung in § 475d BGB bedurft, weil die Warenkaufrichtlinie lediglich den Rücktritt, nicht aber auch den Schadensersatz regelt. Da es jedoch äußerst irritierend gewesen wäre, wenn das Verbrauchsgüterkaufrecht an die Fristsetzungen bzgl. Rücktritt und Schadensersatz unterschiedliche Anforderungen gestellt hätte (zumal wegen § 325 BGB Rücktritt und Schadensersatz kombinierbar sind), hat der Gesetzgeber in § 475d II S. 1 BGB geregelt, dass es für einen Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Mangels der Ware der in § 281 I BGB bestimmten Fristsetzung in den in § 475d I BGB genannten Fällen nicht bedarf. Zudem sind gem. § 475d II S. 2 BGB die §§ 281 II und 440 BGB nicht anzuwenden.
 

IV. Sonderbestimmungen für die Verjährung (§ 475e BGB)

Bei Verbrauchsgüterkaufverträgen gelten nicht nur die allgemeinen Verjährungsregelungen, sondern gem. § 475e BGB auch die im Folgenden dargestellten Sonderbestimmungen. Es ist zu differenzieren:


1. Allgemeine Verjährungsregelungen

Mängelrechte nach § 437 Nr. 1 BGB (Nacherfüllung) und § 437 Nr. 3 BGB (Schadensersatz, Aufwendungsersatz) unterliegen der Verjährung des § 438 BGB. Diese beträgt nach allgemeinem Kaufrecht bei beweglichen Sachen (z.B. Autos, Smartphones, Computer etc., aber auch Tiere fallen darunter, vgl. § 90a BGB) 2 Jahre nach Ablieferung der Sache (§ 438 I Nr. 3, II BGB)


2. Verjährungsregelungen im Verbrauchsgüterkaufrecht

Bei Verbrauchsgüterkaufverträgen gelten gem. § 475e BGB zudem folgende gesetzliche Verjährungsfristen:

 

  • Im Fall der dauerhaften Bereitstellung digitaler Elemente (§ 475c I S. 1 BGB) verjähren Ansprüche wegen eines Mangels an den digitalen Elementen nicht vor dem Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des vereinbarten Bereitstellungszeitraums (§ 475e I BGB).


  • Bei Verletzung der Aktualisierungspflicht in Bezug auf die digitalen Elemente nach § 475b III oder IV BGB verjähren damit verbundene Ansprüche nicht vor dem Ablauf von zwölf Monaten nach dem Ende des Zeitraums der Aktualisierungspflicht (§ 475e II BGB)


  • Bei allen Verbrauchsgüterkaufverträgen gilt: Für den Fall, dass sich ein Mangel innerhalb der Verjährungsfrist zeigt, bestimmt die (Art. 10 V S. 2 WKRL umsetzende) Regelung des § 475e III BGB, dass die Verjährung nicht vor dem Ablauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem sich der Mangel erstmals zeigt (1. Fall der Ablaufhemmung). Anders formuliert: Die Verjährung tritt erst vier Monate nach dem Zeitpunkt ein, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Damit verlängert sich also die Verjährungsfrist um maximal vier Monate, wenn sich ein Mangel innerhalb der (ursprünglichen) Verjährungsfrist zeigt.

 

Beispiel: Verbraucher K kauft bei Händler V einen Laptop (Neugerät). 2 Wochen vor Ablauf der zweijährigen gesetzlichen Verjährungsfrist (§ 438 I Nr. 3 BGB) zeigt sich ein Mangel. → In diesem Fall tritt Verjährung erst 3½ Monate nach Ablauf der zweijährigen gesetzlichen Verjährungsfrist ein.

 

Anm.: Da der Verbraucher behaupten könnte, der Mangel habe sich am letzten Tag vor Ablauf der 24-monatigen Verjährungsfrist gezeigt, bedeutet die Regelung des § 475e III BGB faktisch eine 28-monatige Verjährungsfrist. Immerhin greift in diesem Fall nicht mehr die Beweislastregelung des § 477 I BGB, sodass der Käufer den Beweis zu erbringen hat, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorhanden bzw. angelegt war.  

 

  • Schließlich enthält § 475e IV BGB eine Verjährungsregelung für den Fall, dass der Verbraucher zur Nacherfüllung oder zur Erfüllung von Ansprüchen aus einer Garantie die Ware dem Unternehmer oder auf Veranlassung des Unternehmers einem Dritten übergeben hat (2. Fall der Ablaufhemmung). Dann tritt die Verjährung von Ansprüchen wegen des geltend gemachten Mangels nicht vor dem Ablauf von zwei Monaten nach dem Zeitpunkt ein, in dem die nachgebesserte oder ersetzte Ware dem Verbraucher übergeben wurde.

 

Beispiel: Verbraucher K kauft bei Händler V einen Laptop (Neugerät). 2 Wochen vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist (§ 438 I Nr. 3 BGB) zeigt sich ein Mangel; K übergibt V das Gerät zwecks Reparatur. Ein paar Tage nach Ablauf der regulären Verjährungsfrist erhält K das Gerät zurück. → In diesem Fall tritt Verjährung erst 2 Monate nach Rückgabe an K ein.

 

Anm.: Mit dieser Regelung möchte der Gesetzgeber gewährleisten, dass der Verbraucher nach Rückerhalt der Sache prüfen kann, ob der Mangel tatsächlich behoben wurde (siehe BT-Drs. 19/27424, S. 41). Zudem soll verhindert werden, dass die Verjährung abläuft, während sich die Kaufsache zur Nacherfüllung beim Unternehmer befindet (BT-Drs. a.a.O.). Allerdings stellt die Vorschrift klar, dass sich die Ablaufhemmung nur auf solche Mängel bezieht, die auch zuvor geltend gemacht wurden. Zeigt sich also während der Ablaufhemmung ein anderer als der geltend gemachte Mangel, wird die Verjährung nicht gehemmt. Damit soll eine ungerechtfertigte Privilegierung des Verbrauchers, der während der Verjährungsfrist einen anderen Mangel geltend gemacht hat, gegenüber dem Verbraucher, der während der Verjährungsfrist keinen Mangel geltend gemacht hat, verhindert werden (BT-Drs. 19/27424, S. 42).


V. (Kein) Ausschluss der Gewährleistung

Bei einem Verbrauchsgüterkauf ist ein Ausschluss der Gewährleistung grds. unwirksam. Das ergibt sich aus § 476 I S. 1 BGB. Nach dieser Bestimmung kann sich der Unternehmer auf eine Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433-435, 437, 439-441 und 443 BGB sowie von den Vorschriften der §§ 474 ff. BGB abweicht, nicht berufen. Das gilt selbst dann, wenn sich der Verbraucher mit dem Gewährleistungsausschluss einverstanden erklärt oder diesen sogar anbietet, um den Kaufvertrag überhaupt abschließen zu können. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass beim Verbrauchsgüterkauf der Gesetzgeber die Gewährleistungsrechte der Dispositionsbefugnis der Parteien entziehen wollte. Das gilt auch für den von der Norm des § 476 BGB geschützten Verbraucher. Dieser kann auf seinen Schutz insoweit nicht verzichten (die von § 476 I S. 1 BGB genannten Vorschriften sind insoweit zwingendes Recht).


Allerdings gewährt das Verbrauchsgüterkaufrecht auch Abweichungsmöglichkeiten. So können gem. § 476 I S. 2 BGB die Vertragsparteien vereinbaren, dass sie von den Anforderungen nach § 434 III BGB oder § 475b IV BGB abweichen, sofern sie diese Vereinbarung vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer treffen. Voraussetzungen für die Abweichung sind ausweislich des Wortlauts des § 476 I S. 2 BGB aber zusätzlich,


  • dass der Unternehmer den Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt hat, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht (Nr. 1),
  • und diese Abweichung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde (Nr. 2).


Der Verbraucher muss also zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags eigens darüber in Kenntnis gesetzt worden sein. Damit ist gemeint, dass die Inkenntnissetzung vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers erfolgt sein muss. Zudem muss der Verbraucher bei Abschluss des Kaufvertrags dieser Abweichung ausdrücklich und gesondert zustimmen (Art. 7 V WKRL), wobei § 476 I S. 2 Nr. 2 BGB in Abweichung zu Art. 7 V WKRL eine ausdrückliche und gesonderte Vereinbarung der Abweichung im Vertrag verlangt. Die deutsche Fassung weicht also von der des Art. 7 V WKRL ab, was aber nach Art. 4 WKRL nicht zulässig ist. Danach ist es den Mitgliedstaaten nicht gestattet, strengere oder weniger strenge Vorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus einzuführen. Lediglich dem Verkäufer ist es anheimgestellt, dem Verbraucher Vertragsbedingungen anzubieten, die über den in der WKRL vorgesehenen Schutz hinausgehen (Art. 21 II WKRL).

Möchte also der Unternehmer von den Anforderungen des § 434 III BGB oder des § 475b IV BGB (zum Nachteil des Verbrauchers) abweichen, muss er den Verbraucher vor Vertragsschluss „eigens“ (i.S.v. speziell oder besonders) darauf hinweisen und die Abweichung muss gem. § 476 I S. 2 Nr. 2 BGB (richtlinienwidrig) im Vertrag, jedenfalls aber ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Damit soll offenbar vermieden werden, dass der Verkäufer den Verbraucher zu „überrumpeln“ versuchen könnte, wenn er die an sich zulässigen Abweichungen von den Verbraucherrechten erst im Kaufvertrag und zudem an „versteckter“ Stelle erwähnt. Die nach § 476 I S. 2 Nr. 2 BGB zulässigen Abweichungen von den Anforderungen nach § 434 III BGB oder § 475b IV BGB müssen also (im Vertrag) deutlich erkennbar so platziert werden, dass sie vom Verbraucher ohne weiteres wahrgenommen werden können. Aufgrund der Vorgabe „gesondert“ wird man eine räumliche Abgrenzung zum eigentlichen Vertragstext fordern müssen, ähnlich wie das bei Belehrungen über Widerrufsrechte oder Datenerhebungseinverständniserklärungen gehandhabt wird („Ausdrücklichkeitserklärung“). Gleichwohl darf nicht übersehen werden: Der vollharmonisierend wirkende Art. 7 V WKRL verlangt, dass der Verbraucher bei Abschluss des Kaufvertrags dieser Abweichung ausdrücklich und gesondert zugestimmt hat. Das Merkmal „gesondert“ wird man also so verstehen müssen, dass die Zustimmung separat erfolgen muss (und nicht im Vertrag – wenn auch „räumlich gesondert“ – erfolgen darf). Die Kollision mit Art. 7 V WKRL wird man – da eine Auslegung insoweit nicht möglich ist – über den Anwendungsvorrang des EU-Rechts lösen müssen: Der Art. 7 V WKRL entgegenstehende Textbestandteil „im Vertrag“ in § 476 I S. 2 Nr. 2 BGB ist nicht anwendbar.


Beispiel: Bietet V in seinem Onlineshop sog. B-Ware (Ausstellungsstücke/Vorführware mit leichten Gebrauchsspuren; Artikel mit fehlender Originalverpackung, junge Gebrauchtware etc.) an, liegt darin noch kein Sachmangel, sofern sich die Artikel für die gewöhnliche Verwendung eignen, eine Beschaffenheit aufweisen, die bei Sachen derselben Art üblich ist und die der Käufer unter Berücksichtigung der Art der Sache erwarten kann, oder sie mit einer Verpackung übergeben werden, die der Käufer erwarten kann (§ 434 III S. 1 Nr. 1, 2a und 4 BGB). Bei einem Ausstellungsstück, einer Vorführware oder Gebrauchtware muss der Käufer also Gebrauchsspuren, Kratzer etc. hinnehmen, soweit sie nicht über das übliche Maß hinausgehen. Lediglich, wenn der Kaufgegenstand darüber hinausgehende Defizite aufweist, liegt ein Sachmangel i.S.v. § 434 III BGB vor, außer, es wurde „wirksam etwas anderes vereinbart“ (§ 434 III S. 1 BGB) – „negative Beschaffenheitsvereinbarung“. Bei einem Verbrauchsgüterkaufvertrag muss jedoch gem. § 476 I S. 2 BGB der Unternehmer den Verbraucher


  • vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis setzen, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht, und
  • die Abweichung muss (im Vertrag) ausdrücklich und gesondert vereinbart werden.


Während das „eigens davon in Kenntnis setzen“ bspw. durch eine Produktbeschreibung auf der Internetseite erfolgen kann (Beispiel: Hinweis, dass das Produkt Kratzer aufweist, die trotz Vorführobjekts nicht üblich sind), muss die „negative Beschaffenheitsvereinbarung“ ausdrücklich und gesondert erfolgen. Ob bei Käufen im Onlineshop hierzu das Anklicken einer Checkbox („Ich habe von den Mängeln Kenntnis genommen“) genügt, ist unklar. Zwar dürfte es richtlinienkonform sein, wenn die Zustimmung des Verbrauchers mittels Schaltfläche erfolgt (da Art. 7 V WKRL sie nicht „im Vertrag“ fordert). Jedoch darf dies nicht zu unspezifiziert sein, da der Verbraucher zustimmen muss, dass ein bestimmtes Merkmal der Ware von den objektiven Anforderungen abweicht. Die entsprechende Checkbox muss deutlich Bezug nehmen zum konkreten Artikel, dessen Artikelbeschreibung die Abweichungen im Einzelnen enthält. 


C. Fazit zum neuen Kaufrecht 2022

Anhand des zum 1.1.2022 geänderten § 434 BGB, der für alle Kaufverträge gilt, obwohl die umzusetzende Warenkaufrichtlinie nur zu Verbrauchsgüterkaufverträgen ergangen ist, gilt: Während die amtliche Überschrift des § 434 BGB von „Sachmangel“ spricht und daher die Vermutung nahelegt, der Gesetzgeber beschreibe in der Vorschrift die Voraussetzungen, unter denen ein Sachmangel anzunehmen ist, finden sich tatsächlich in der Vorschrift Voraussetzungen, unter denen eine Mangelfreiheit gegeben ist. Um also einen Sachmangel annehmen zu können, muss man nach dem Ausschlussprinzip bzw. nach dem Umkehrschlussprinzip vorgehen: Danach ist vom Vorliegen eines Sachmangels auszugehen, wenn nicht die gesetzlich formulierten Voraussetzungen der Mangelfreiheit kumulativ vorliegen. Der Ansatz wird damit deutlich: Erst nach Prüfung der in § 434 II-V BGB genannten „Positivvoraussetzungen“ ist eine Mangelfreiheit anzunehmen. So ist nach § 434 I BGB die Sache (nur) dann frei von Sachmängeln („Fehlern“), wenn sie bei Gefahrübergang (darunter ist grds. der Zeitpunkt der Übergabe gem. § 446 S. 1 BGB zu verstehen) den subjektiven (§ 434 II BGB), den objektiven Anforderungen (§ 434 III BGB) sowie den Montageanforderungen (§ 434 IV BGB) entspricht. Damit nennt § 434 I BGB also drei Fallgruppen bzw. Kriterien, die kumulativ vorliegen müssen, damit die Mangelfreiheit angenommen werden kann. Fehlt es auch nur an einer dieser Voraussetzungen, liegt Mangelhaftigkeit vor, wobei es gem. § 434 V BGB dem Sachmangel gleichsteht, wenn der Verkäufer eine andere Sache als die vertraglich geschuldete liefert – Falschlieferung, auch Aliud-Lieferung genannt („Äpfel bestellt, Birnen erhalten“). Es müssen also sämtliche Anforderungen/Kriterien des § 434 II-V BGB vorliegen, um die Mangelfreiheit festzustellen.


Bei Verbrauchsgüterkaufverträgen, also in erster Linie bei Verträgen, durch die ein Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB) eine Ware (§ 241a I BGB) kauft (§ 474 I S. 1 BGB), stellt § 475b BGB Anforderungen an die Mangelfreiheit.



Rolf Schmidt (01.01.2022)




 



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